Nimmt ein Steuerpflichtiger ein Darlehen für die Herstellung eines Gebäudes mit mehreren Eigentumswohnungen auf, die zum Teil vermietet und zum Teil verkauft werden sollen, kann er die Darlehenszinsen nur anteilig abziehen, soweit das Darlehen nämlich für die Herstellung der vermieteten Wohnungen verwendet wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er das Darlehen ausschließlich den Herstellungskosten für die vermieteten Wohnungen zugeordnet hat.
Hintergrund: Darlehenszinsen können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn das Darlehen für die Anschaffung oder Herstellung einer Immobilie verwendet wird, die vermietet wird. Wird die Immobilie auch selbstgenutzt, können die Zinsen insoweit nicht abgezogen werden. Ein vollständiger Zinsabzug ist nur möglich, wenn das Darlehen vollständig dem vermieteten Teil der Immobilie zugeordnet wird.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im November 2009 ein unbebautes Grundstück zum Preis von ca. 88.000 €, das sie mit einer aus drei Wohnungen bestehenden Wohnanlage bebauen wollte. Die Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 sollten vermietet werden, während die Klägerin die Wohnung Nr. 3 zum Preis von 150.000 € an ihre Tochter verkaufen wollte. Die Klägerin begann am 20.9.2010 mit der Herstellung und nahm zur Finanzierung der Herstellungskosten, die sich auf etwa 425.000 € belaufen sollten, ein Darlehen über 160.000 € auf. Außerdem verkaufte sie bereits während der Bauphase die Wohnung Nr. 3 an ihre Tochter und setzte den Kaufpreis von 150.000 € ebenfalls für die Herstellung ein. Den Rest der Herstellungskosten finanzierte sie mit Eigenmitteln. Alle Gelder (Darlehen, Kaufpreis und Eigenmittel) flossen auf ein einziges Konto der Klägerin und wurden von dort an die Bauunternehmer überwiesen. Die Klägerin machte die gesamten Darlehenszinsen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Zinsen nur anteilig an, nicht aber den auf die Wohnung Nr. 3 entfallenden Anteil der Zinsen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
Die Grundsätze, die für die Finanzierung vermieteter und zugleich selbstgenutzter Immobilien gelten, greifen auch bei der Finanzierung von Immobilien, die zum Teil vermietet und zum Teil veräußert werden sollen.
Die Zinsen sind daher grundsätzlich nur anteilig abziehbar, soweit sie nämlich auf den vermieteten Teil entfallen. Soweit sie auf den zu verkaufenden Teil entfallen, sind die Zinsen nicht absetzbar.
Ein vollständiger Zinsabzug ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige das Darlehen vollständig dem vermieteten Teil der Immobilie zuordnet und zur Bezahlung der Herstellungskosten dieses Teils der Immobilie verwendet. Hierzu muss er die Herstellungskosten des vermieteten Teils ebenso gesondert ermitteln und ausweisen wie die Herstellungskosten des zu verkaufenden Teils der Immobilie und darf das Darlehen dann nur dazu verwenden, diejenigen Herstellungskosten zu bezahlen, die auf den vermieteten Teil entfallen.
Im Streitfall hat die Klägerin alle Finanzierungsmittel auf einem Konto gemischt, nämlich das gesamte Darlehen, den Kaufpreis und die Eigenmittel und hat damit das Darlehen nicht ausschließlich dem vermieteten Teil zugeordnet. Zudem hat sie die Herstellungskosten der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 nicht getrennt von den Herstellungskosten der Wohnung Nr. 3 ermittelt und ausgewiesen.
Hinweise: Unbeachtlich ist, dass die Klägerin den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 3 für die Herstellung der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 verwendet hat. Denn es fehlte bereits an einer ursprünglichen Darlehenszuordnung. Diese in der Praxis aufwändige Darlehenszuordnung ist für den vollständigen Zinsabzug nicht nur bei einer Immobilie erforderlich, die zum Teil vermietet und zum Teil selbst genutzt wird, sondern nach dem aktuellen BFH-Urteil auch bei einer Immobilie, die zum Teil vermietet und zum Teil verkauft werden soll.
Der Aufteilungsmaßstab für den Abzug kann sich an den Miteigentumsanteilen für die einzelnen Wohnungen orientieren. Da auf die verkaufte Wohnung Nr. 3 Miteigentumsanteile in Höhe von 347/1.000 entfielen, waren nur 653/1000 der Zinsen absetzbar, also 65,3 %.
Soweit die Klägerin durch den Verkauf der Wohnung Nr. 3 einen Spekulationsgewinn erzielt hat, können die Zinsen, die auf die Herstellung der Wohnung Nr. 3 entfallen, den Spekulationsgewinn mindern; hierüber bestand aber kein Streit zwischen der Klägerin und dem Finanzamt.
BFH, Urteil vom 4.2.2020 – IX R 1/18; NWB